Nachhaltig Investieren: Vor- und Nachteile

 Vor- & Nachteile: Welche Gründe sprechen für oder gegen nachhaltiges investieren? Welche Sorgen sind gerechtfertigt?

Besonders jüngere InvestorInnen stellen sich zu Recht die Frage, ob und wie man denn nachhaltig in Aktien investieren könne. Prinzipiell sollte man finanzielle Entscheidungen immer mit kühlem Kopf und wohl überlegt treffen. Außerdem sollte man sich immer eines bewusst sein:

Die beste Anlagestrategie ist immer jene, welche am Besten zu einem selbst und den eigenen Überzeugungen passt.

Immerhin muss man sich mit bei den eigenen Investments ein gutes Gefühl haben und sich damit wohlfühlen. Nur so kann man über viele Jahre hinweg ein Aktienportfolio und damit einhergehend Vermögen und finanzielle Unabhängigkeit aufbauen.

Besseres Gefühl beim Investment?

Einer der Hauptgründe für PrivatInvestorInnen ist schlichtweg das bessere Gefühl:

Ich versuche im Alltag nachhaltiger zu leben und möchte dies auch bei meinen Finanzen machen. Meiner Meinung nach hat das nachhaltige Investieren mehr Vor- als Nachteile.

Vorteil #1 - Ausschluss von kritischen Branchen

Tabak, Kohle, Alkohol, Waffen, Pornografie oder Glückspiel

Ein Blick auf die Grafik von justetf unterhalb zeigt sehr übersichtlich, welche Branchen mit nachhaltigen ETFs ausgeschlossen werden können. Hierbei zeigt sich, dass vor allem die MSCI SRI Indexfamilie besonders strenge Ausschlusskriterien hat. So werden in ETFs welche den MSCI World SRI abbilden Unternehmen im Bereich der Alkohol, Waffen oder auch Glückspiel ausgeschlossen. Fossile Energieträger wie Kraftwerkskohle werden pauschal ausgeschlossen, andere Fossile Energieträger werden bei den ETFs entweder ebenso ausgeschlossen oder enorm reduziert.

Letzten Endes verdient der genaue Selektions-Prozess von nachhaltigen Unternehmen einen eigenen Blog Artikel, da dieser enorm komplex ist. Hier ein grober Überblick:

Bearbeiteter Screenshot aus justetf.com
Bearbeiteter Screenshot aus justetf.com

Zwischenfazit

Nachhaltige Indizes sind zwar nicht perfekt, jedoch sind sie für viele Anleger ein einfacher Weg, um Investments in Kohle, Waffen, Glückspiel & Co zu vermeiden. Man sollte jedoch bei der ETF-Auswahl genau überprüfen, in welche und in wie viele Unternehmen investiert wird.

Nachteil #2 - Komplexes Auswahlverfahren ist nicht perfekt und lückenhaft

Wie soeben beschrieben erkennt man schnell, dass der Auswahlprozess von nachhaltigen ETFs sehr komplex ist. Daher wird von kritischen Stimmen oft gegengehalten, dass man schlichtweg nie eine Trennlinie zwischen "Nachhaltig" und "Nicht-nachhaltig" ziehen kann.

Darf ein nachhaltiger ETF in ein veganes Catering investieren, wenn dieses jedoch ausnahmsweise die Weihnachtsfeier eines Waffenzulieferers beliefert?

Es wird anhand von (manchmal wirklich sehr lächerlichen) moralischen Dilemmas oft erklärt, dass es immer Unternehmen geben wird, welche fälschlicherweise im Index landen oder fälschlicherweise ausgeschlossen werden. Daher kommen viele zu dem Entschluss:

Die Ausschlusskriterien von nachhaltigen ETFs sind nicht perfekt, daher investiere ich gleich lieber nur konventionell.

Oft führen diese fiktiven Beispiele jedoch komplett an der Wirklichkeit vorbei: Denn nachhaltigen InvestorInnen ist oftmals bewusst, dass die Auswahl von nachhaltigeren Unternehmen nicht perfekt ist - es ist jedoch für viele die beste Alternative und kann daher trotzdem für eine breite Masse der PrivatanlegerInnen Sinn machen.

Vorteil #2 - Sind nachhaltige ETFs vielleicht sogar profitabler?

Wer sich die Performance von dem MSCI World und der nachhaltigen MSCI World SRI Variante ansieht erkennt schnell eines: Der nachhaltige Index hatte in der Vergangenheit eine minimal bessere Rendite (=Überrendite zum Mutterindex).

Überrendite? Skepsis ist angesagt!

Ob nachhaltiges investieren wirklich mehr Rendite schafft, bleibt jedoch fraglich und ist noch nicht wissenschaftlich geklärt. Solche Dinge nachzuweisen ist sehr schwierig (man benötigt viele Daten über historische Renditen, um Zufall von signifikanter Korrelation unterscheiden zu können), wir sollten also diesen vermeintlichen Vorteil skeptisch sehen.

Zwischenfazit

Solange dieser Aspekt nicht geklärt ist sollte man daher meiner Meinung nach eher aus Überzeugung - nicht jedoch wegen einer erhofften Überrendite - in nachhaltige ETFs investieren.

Nachteil #2 - Zu geringe Diversifikation

Kritische Stimmen behaupten öfters, dass nachhaltiges investieren sinnlos sei, weil man schlichtweg zu viele Unternehmen ausschließen würde und somit der ETF in zu wenige Unternehmen investiert sei.

Es stimmt: Nachhaltige ETFs investieren aufgrund von deren Ausschlussverfahren meistens bedeutend weniger Aktien (bei SRI Varianten manchmal um 75% weniger!) und sind daher fast immer bedeutend schlechter gestreut (=geringer diversifiziert). Man sollte hierbei jedoch nicht vergessen, dass eine breite Streuung nicht nur etwas mit der Anzahl der Aktien zu tun hat. Eine breite Streuung hat nämlich auch damit zu tun, ob über mehrere Länder, Branchen, Währungen und Unternehmensgrößen gestreut wird. Dies erfüllen die meisten nachhaltigen ETFs sehr gut, was sich auch in dem geringen Unterschied zum Mutterindex bemerkbar macht. Ausgenommen hiervon sind natürlich ETFs, welche bewusst in einzelne Länder/Branchen/Sektoren investieren.

Kurzum: Ja, nachhaltige ETFs haben eine geringere Diversifikation - ihre geringe Differenz zum Mutterindex zeigt jedoch, dass dieses meist nicht tragisch ist.

Vorteil #3 - Nachhaltige ETFs schaffen neue Gruppe von AnlegerInnen

Aktien-ETFs sind aus diversen Gründen für viele junge Menschen die einfachste, flexibelste und ertragreichste Form des Vermögensaufbaus. Für genügend junge Menschen war der Aspekt der "Nicht-Nachhaltigkeit" bislang ein Dealbreaker und würde sie vom Investieren abhalten.

Während aktiv gemanagte Fonds mit dem Argument "Wir achten besonders auf Nachhaltigkeit" punkten konnten, konnten ETFs bislang das Argument "Wir sind transparenter und viel kosteneffizienter" vorbringen.

Heutzutage steht Nachhaltigkeit nicht mehr im Widerspruch zu ETF Investments. Obwohl nachhaltige ETFs sicherlich nicht perfekt sind, stellen sie doch eine echte und nachhaltige Alternative für eine große Gruppe an InvestorInnen dar. Noch nie war es so einfach, dass man mit so geringen Kosten in die gesamte Weltwirtschaft investieren konnte.

Da der Bereich der nachhaltigen Aktien-Investments stetig wächst, entsteht auch eine diverse und stärkere AnlegerInnenkultur. Beim Blick auf das aktuelle Zinsniveau, den erhitzten Immobilienmarkt und die drohende Pensionslücke ist das natürlich super.

Nachteil #3 - Geringeres Produktangebot

Nachhaltige Investments leiden leider unter einem geringeren Produktangebot. Es ist zwar problemlos möglich, dass man einen nachhaltigen ETF auf bekannte Indizes kauft (z.B.: MSCI World SRI oder MSCI Emerging Markets SRI), jedoch ist die Produktpalette einfach bedeutend geringer.

Es gibt zwar sehr viele "ESG Screened etc." ETFs - wenn man sich diese jedoch im Detail ansieht erkennt man oft, dass solche ETFs meistens nur "Kompromisse" sind. ETFs mit einem "SRI" im Namen schließen viel mehr Unternehmen aus (siehe Vorteil 1 oben), hiervon werden jedoch wenige ETFs angeboten.

Kurzum: Ja, vor allem bei besonders nachhaltigen SRI ETFs ist das Angebot noch sehr gering - die Wichtigsten Aktienindizes (z.B.: MSCI World SRI und MSCI Emerging Markets SRI) existieren jedoch schon seit mehreren Jahren, sie sind auch oftmals als Sparpläne erhältlich und das auch noch zu geringen Kosten. Das bringt uns auch zum nächsten Nachteil.

Hier findest du eine Übersicht über nachhaltige ETFs von justETF.com

Nachteil #4 - Nachhaltige ETFs haben viel höhere Produktkosten

Dieses Argument lässt sich so zusammenfassen:

"Nachhaltige ETFs sind "teurer" als reguläre ETFs, da das Erstellen und Aktualisieren von nachhaltigen Aktienindizes viel komplizierter ist. Außerdem befindet sich weniger Geld in nachhaltigen ETFs, wodurch die Fixkosten des ETF Anbieters auf weniger Investorinnen verteilt werden und somit stärker ins Gewicht fallen."

Ja, das ist korrekt - bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die jährliche Gesamtkostenquote (=Total Expense Ratio; TER) von nachhaltigen ETFs wirklich höher ist. Meiner Meinung ist dieser Unterschied jedoch überschaubar: es gibt bereits nachhaltige Aktien ETFs auf z.B.: den MSCI World SRI welche mit einer TER von 0,2% nur geringe Unterschiede zu den üblichen ETFs aufweisen.

Was bekommt man für den höheren Preis?

Dafür hat man dann aber auch ein Investment, welches besser zu den eigenen Vorstellungen passt und diesen Preisunterschied muss es den InvestorInnen dann letzten Endes einfach wert sein.

"Ich persönlich bin mir der höheren Kosten bewusst und nehme diese gerne in Kauf, da ich dafür ja auch ein für mich besser passendes Produkt erhalte." - Häufige Meinung von InvestorInnen bei diesem Kritikpunkt.

Optimierungen: Brokerwahl wichtiger als ETF Kosten

Zudem sollte man auch erwähnen, dass dieser Unterschied nur wenige Zehntel Prozent ausmacht. Üblicherweise fallen die Kosten der Entscheidung "Aktien Depot bei der Hausbank vs Aktien Depot beim Online Broker" bei ÖsterreicherInnen mindestens gleich stark ins Gewicht, weil ein Aktien Depot bei der Hausbank bedeutend teurer ist.

Somit kann es also sein, dass ein günstigerer und "nicht-nachhaltiger" ETFs mit österreichischem Hausbank-Broker teurer ist als ein nachhaltiger ETF bei einem günstigen österreichischem Online Broker.

Fazit: Macht nachhaltiges investieren Sinn?

Nachhaltiges Investieren hat viele Vor- und Nachteile. Befürworter werden immer Argumente für nachhaltiges investieren finden - KritikerInnen werden immer ein Argument gegen nachhaltiges investieren finden. Bei den meisten Kritikpunkten ist es meiner Meinung so, dass hierbei schlichtweg übertrieben wird - vor allem was Produktkosten und die geringere Diversifikation betrifft.

Was die Vor- und Nachteile jedenfalls zeigen ist, dass man beim Griff zu nachhaltigen ETFs meiner Meinung nach keine schlechte Entscheidung trifft oder gar sein Geld verbrennen würde.

Wie bereits zu Beginn des Artikels erwähnt muss man sich mit den eigenen Anlageentscheidungen wohlfühlen, nur so kann man über viele Jahre hinweg diese Aktien langfristig Halten, vom Erfolg der Aktienmärkte profitieren und sich somit mehr finanzielle Unabhängigkeit und ein kleines Vermögen aufbauen.

Zudem sollte man sich immer auch bewusst sein, dass finanzielle Entscheidungen sehr wohl Auswirkungen auf unsere Umwelt haben und einen positiven Beitrag zu einer Dekarbonisierung der Wirtschaft beitragen können.

War das schon alles?

Ja, leider! Aber nur vorerst! Denn dieser Blog ist noch im Aufbau. Es kommen aber laufend Inhalte dazu - versprochen!

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